Der Radiologe unterliegt, ebenso wie andere Ärzte, der Haftung für Behandlungsfehler aus Vertrag und Delikt. Anders als bei therapeutisch tätigen Ärzten treten Fehler bei diagnostischen Maßnahmen jedoch in erster Linie aufgrund von sog. Befunderhebungs- und Diagnosefehlern auf. Ein Befunderhebungsfehler liegt vor, wenn elementar gebotene Befunde nicht erhoben wurden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Befunderhebung zur Abwehr schwerer Gesundheitsrisiken oder Gesundheitsschäden ersichtlich erforderlich war (z.B. keine Durchführung einer Mammografie bei tastbaren Knoten oder anderen anerkannten Verdachtsmomenten).
Ein Diagnosefehler ist demgegenüber bei der fehlerhaften Auswertung eines Röntgen- oder Schnittbildes gegeben. Der Radiologe übersieht einen Befund, der auf dem Röntgenbild ersichtlich ist. Infolgedessen unterbleiben weitere notwendige Behandlungsmaßnahmen. Die falsche Auswertung erhobener Befunde führt nicht in jedem Fall zu einem Behandlungsfehler. Diagnosefehler beurteilt die Rechtsprechung eher mit einer gewissen Zurückhaltung als Behandlungsfehler, da der Arzt in der Diagnostik einen gewissen Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum besitzt. Darüber hinaus kann die Auswertung von Röntgenbildern schwierig sein, wenn das technische Ergebnis keine eindeutige Deutung zulässt. Ferner sind Röntgendiagnosen vorläufige Diagnosen und daher mit hohen Unsicherheitsfaktoren belastet. Solange Röntgenbilder durchaus nachvollziehbar gedeutet werden, wenn eine andere Diagnose nicht auf der Hand lag und wenn die Diagnose nicht völlig abwegig, sondern vertretbar war und der Krankheitsverlauf keine Besonderheiten aufwies, die Kontrollbefunde indizierten, ist demnach auch bei einer falschen Diagnose nicht von einem Behandlungsfehler auszugehen. Ein Diagnosefehler liegt hingegen vor, wenn das diagnostische Vorgehen und die Bewertung der durch diagnostische Hilfsmittel gewonnenen Ergebnisse für einen gewissenhaften Arzt nicht mehr vertretbar erscheinen.
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